Ausgabe #91 – Zeitalter der Dekarbonisierung

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SMART CITY

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Elektromobilität 3.0: Netzgedanken ausbauen statement

Erinnern Sie sich noch an Ihr erstes Handy mit Jamba-Klingelton? Kreischende Sounds von schwarzen Plastikgeräten, die nicht viel mehr konnten, als Telefon und Taschenrechner in einem Gerät zu verbinden. Der Vergleich hinkt natürlich – das Einstiegsniveau der Elektromobilität ist ungleich höher heute – aber was die Veränderungen in der Technologie neuer Mobilitätsangebote betrifft, dürfen wir uns auf ähnliche Entwicklungssprünge freuen, wie wir sie aus der Telekommunikation kennen. Text: Jakob Bratsch Foto: BEM e.V., Ernest Ojeh/unsplash

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ach den Geburtsschwierigkeiten

der Elektromobilität in Deutschland war es jetzt nur eine Frage der Zeit, bis nunmehr die erste Flatrate auf Ladesäulen angeboten wird. Was eine Normalität – und dennoch eine große Freude. Strom tanken ohne Limit!

Juhu, Freiheit! An der Zapfsäule mit Benzin? Undenkbar! Es ist der Sprung in die digitale Welt, der Flatrate-Produkte möglich macht. Strom in Datenpaketen, bepreist nach seiner Erzeugungsform. Ganz ähnlich wie bei Handy und Laptop wird deutlich, dass die neuen Netze ihren Wert darin haben, dass sie funktionieren und belastbar sind und natürlich ein Zugang vorliegt. Es ist weniger wichtig, welches Endgerät wir nutzen. Klar, unsere neuen Fahrzeuge sollen tadellos funktionieren und je nach Komforterwartung auch noch weitere Bequemlichkeiten vorhalten. Aber im Vordergrund steht der Zugriff auf das Ladenetz, die Stromversorgung und die Mobilitätsregulierung für fließenden Verkehr.

Und mehr noch: Dieses neue Verständnis brauchen wir hinein zum Verständnis über Erneuerbare Energie. Wer die Mobilität nicht wie ein Netz denkt, kann sie nicht erfolgreich gestalten. Mit dem Ausbau der Alternativen Energieträger und der Einspeisung von sehr unterschiedlich verfügbarer Wind- und Sonnen-Energie werden Energiespeicher eine wachsende Bedeu-

tung bekommen. Da geht es also nicht um das Auto als Fortbewegungsmittel, sondern als mobiler Ressourcenträger grüner Energie. Von diesem Verständnis abgeleitet ist es ein Katzensprung, etwa einen Fuhrpark mit Fahrzeugen zu einem kleinen Netz zu denken, dass sich auch als kleines Kraftwerk versteht – und über den man übrigens Geld verdienen müsste, wenn Solaranlagen zur Stromerzeugung beitragen.

Warum „müsste“? Auf Behördenseite gibt es hier noch große Anfängerfehler für den neuen Markt – auf breiter Linie. Während Kunden die Flatrate für Ladesäulen in Deutschland schon ab 49 Euro im Monat erwerben können, haben deutsche Regulierer vergessen, die Fahrzeugregistrierung mit den Angaben der Batterien vorzunehmen. Dadurch gibt es derzeit keine Kenntnis über flexible Speicher in der Gesellschaft. Die Frage des einheitlichen Bezahlens ist noch nicht restlos geklärt. Stattdessen wird die eMobilität von der EEG-Umlage belastet, was inhaltlich völlig sinnfrei ist. Auch fehlt es an einer verlässlichen Monopolkontrolle, zu oft können Ladesäulenbetreiber die

Im Vordergrund steht der Zugriff auf das Ladenetz, die Stromversorgung und die Mobilitätsregulierung für fließenden Verkehr.

Preise diktieren. Hier muss regulatorisch noch eine Menge passieren, damit nicht nur elegante, sondern auch kluge und bezahlbare Produkte den Wechsel hin zur Elektromobilität gestalten.

Kurt Sigl, Präsident des Bundesverbandes eMobilität (BEM)

Wer die Mobilität nicht wie ein Netz denkt, kann sie nicht erfolgreich gestalten.


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